18. Sep. 2025
Der Artificial Intelligence Act (AI Act) ist das erste Regelwerk zum Einsatz, aber auch zur Entwicklung von Systemen der Künstlichen Intelligenz (KI). Er wurde von der Europäischen Union initiiert, um Risiken durch KI-Systeme zu minimieren, die Grundrechte zu schützen und eine vertrauenswürdige, transparente KI zu fördern. Beschrieben wird im AI Act unter anderem, was eine KI ist, welche Systeme komplett unbedenklich sind, bei welchen Systemen bestimmte Bedingungen berücksichtigt werden müssen und welche KI-Tools schlichtweg zu risikobehaftet für einen Einsatz sind. Der AI Act ist bereits vor einem Jahr, am 01. August 2024, in Kraft getreten, die Anforderungen des Gesetzes werden schrittweise umgesetzt.
Seit dem 02. Februar 2025 sind bestimmte KI-Anwendungen verboten. Diese spielen im Handwerk in der Regel keine Rolle. Benannt werden diese in Artikel 5, dazu zählen zum Beispiel Systeme zur Gesichtserkennung, die ungezielt Daten erfassen – beispielsweise das willkürliche Speichern von Verdächtigen (Nr. 1e) oder manipulative KI, die Menschen zu Handlungen drängen soll, die sie sonst nicht tun würden (Nr. 1a).
Zeitgleich sind Anforderungen an die KI-Kompetenzen in Kraft getreten und diese sind für Handwerksbetriebe von Bedeutung. Schauen wir mal in den Artikel 4:
„ … Betreiber von KI-Systemen ergreifen Maßnahmen, um nach besten Kräften sicherzustellen, dass ihr Personal und andere Personen, die in ihrem Auftrag mit dem Betrieb und der Nutzung von KI-Systemen befasst sind, über ausreichende KI-Kompetenz verfügen, wobei ihre technischen Kenntnisse, ihre Erfahrung, ihre Aus- und Weiterbildung und der Kontext, in dem die KI-Systeme eingesetzt werden sollen, sowie die Personen oder Personengruppen, bei denen die KI-Systeme eingesetzt werden sollen, berücksichtigt werden.“
Nach Art. 3 ist ein Betreiber „eine … juristische Person, … die ein KI-System unter ihrer Aufsicht einsetzt, es sei denn, das KI-System wird im Rahmen einer persönlichen, nicht beruflichen Tätigkeit verwendet“ – also auch ein Handwerksbetrieb.
Es gibt drei Themen, die für Sie von Bedeutung sind:
Schulungspflichten
Transparenzpflichten
Dokumentation
Sollten Sie keine KI im Betrieb einsetzen – was wir nicht glauben können, nach dem Sie so viel von Kai als Assistenz gehört haben – müssen Sie nichts tun. Denn Sie fallen nicht unter den AI Act. Wir empfehlen dennoch eine Basisschulung mit entsprechender Dokumentation zu den Themen: Was ist KI? Welche KI-Technologien gibt es? Welche Chancen und Risiken gibt es beim Einsatz von KI?
Wenn Sie oder Ihre Mitarbeitenden jedoch auf eine Assistenz mit künstlicher Intelligenz im Betrieb zurückgreifen, dann gibt es ein paar Aufgaben, die Sie schnellstmöglich angehen sollten:
Identifizieren | Wo und von wem werden KI-Systeme genutzt?
Dokumentieren | Welche KI-Systeme werden eingesetzt? Wer und wie wurden die Nutzenden dazu geschult? Bei der Verwendung von externer KI kann die Dokumentation vom Hersteller eingeholt und Anbieterschulungen durchgeführt werden.
Erstellen von Betriebsvereinbarung bzw. Arbeitsanweisung | Legen Sie fest, welche KI-Systeme im Betrieb genutzt werden dürfen und welche eben nicht. Weisen Sie darauf hin, dass KI-Systeme assistieren. Informieren Sie Ihre Mitarbeitenden nachweislich.
Datenschutz beachten | Bitte keine sensiblen Daten in KI-Systeme hochladen. Der AI Act ergänzt hierbei die Vorgaben der DSGVO.
Regelmäßig überprüfen | Ist Ihre Dokumentation noch aktuell oder wurden neue KI-Systeme eingeführt?
Der AI Act unterscheidet KI-Anwendungen in vier Risikostufen: Von minimalem Risiko über begrenztes bis hin zu hohem und inakzeptablem Risiko. Die meisten Regelungen betreffen die beiden höchsten Stufen, die im Handwerk selten vorkommen.
KI-Anwendungen mit minimalem Risiko – wie etwa Spamfilter – sind ohne zusätzliche Pflichten zulässig.
Bei Chatbots, KI zur Erstellung von Text-, Bild- oder Audioinhalten oder Empfehlungsalgorithmen, also Anwendungen mit begrenzten Risiken gelten Transparenzpflichten. Das bedeutet, die Nutzenden sollten wissen, dass die Inhalte von einer KI generiert wurden oder sie mit einer KI interagieren. Ein kurzer Hinweis auf der Website „Unser Chatbot wird von KI unterstützt“ oder in der E-Mail-Signatur „Diese Mail wurde mit Unterstützung von KI geschrieben“ oder bei der Erstellung von (bewegten) Bildern „mit KI erstellt“ reichen in der Regel aus.
Sie sind verpflichtet sicherzustellen, dass alle Personen, die mit KI im Betrieb arbeiten, auch über ausreichende KI-Kompetenzen verfügen. KI-Kompetenz bedeutet, laut Artikel 3 Nr. 56, Fähigkeiten, die Kenntnisse und das Verständnis zu haben, um KI-Systeme sachkundig einzusetzen, sowie sich der Chancen und Risiken von KI und möglicher Schäden, die sie verursachen kann, bewusst zu werden.
Bei der Schulung der Mitarbeitenden gibt es zwei praxisnahe Optionen:
Beim Kauf einer Software mit KI-Lösung, z. B. einer Branchenlösung sollte die Schulung durch den Anbieter erfolgen.
Bei allgemeinen Anwendungen, welche sich im öffentlichen Zugriff befinden sind Webinare oder Schulungen zum jeweiligen Thema sinnvoll.
Das Hinweispapier „KI-Kompetenzen nach Artikel 4 KI-Verordnung„ der Bundesnetzagentur ist eine gute Hilfestellung was den Schulungsbedarf der Mitarbeitenden angeht. Dieses Hinweispapier kann Sie dabei unterstützen, die notwendigen KI-Kompetenzen für Ihre Mitarbeitenden festzulegen.
Seit dem 02. August 2025 sollen die EU-Mitgliedsstaaten zuständige Behörden für die Umsetzung der KI-Verordnung benennen. Aktuell werden verschiedene Instanzen eingerichtet, die eine Überprüfung der gesetzlichen Vorgaben vornehmen und die KI-Systeme von Herstellern auf Konformität prüfen sollen. Bereiten Sie sich vor und schulen Sie Ihre Mitarbeitenden im Umgang mit KI.
Nutzen Sie gern die Checkliste für Betriebe auf der Internetseite des Mittelstand-Digital Zentrums Handwerk, um zu prüfen, ob Sie an alles gedacht haben.
Nachdem wir uns heute mal mit etwas trockenem Stoff beschäftigt haben, dürfen Sie sich auf die kommende Ausgabe freuen, denn da sind wir wieder praktisch unterwegs. Seien Sie gespannt, was Kai dann unternimmt. Und denken Sie daran, Kai ist nur eine Assistenz (mit künstlicher Intelligenz), die immer kontrolliert werden muss.
Deutschlandweiter Partner bei der Digitalisierung im Handwerk – Das Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk
Das Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk unterstützt Handwerksbetriebe und Handwerksorganisationen seit 2016 dabei, die Chancen digitaler Technologien, Prozesse und Geschäftsmodelle zu nutzen – kostenfrei, anbieterneutral und deutschlandweit. Es bietet praxisnahe Ratgeber und Seminare, zahlreiche interaktive Tools sowie einen Digitalisierungscheck, der zur digitalen (Weiter-) Entwicklung des eigenen Betriebs dient. Regionale Technologie-Erlebniswelten laden zum Ausprobieren ein, Experten und Expertinnen unterstützen Betriebe mit vielfältigen Innovations- und Umsetzungsformaten und stehen für Fragen bereit. Mit dem monatlichen Newsletter bleiben Handwerksbetriebe informiert.
Mehr dazu unter www.handwerkdigital.de
Das Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk gehört zur Förderinitiative Mittelstand-Digital. Mit dem Mittelstand-Digital-Netzwerk unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die Digitalisierung in kleinen und mittleren Unternehmen und im Handwerk.
Autor: Robert Falkenstein | Dr.-Ing. Martina Schneller
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